Findelkinder

Dabei handelte es sich um Kinder von ledigen und/oder an Syphilis erkrankten Müttern. In (Nieder-)Österreich gab es das Wiener Gebär- und Findelhaus. Hier konnten die meist ledigen Müttern unter medizinischer Versorgung ihr Kind gebären und nach einiger Zeit wieder zurückkehren und das Kind im Findelhaus zurücklassen. Manche Mütter entschieden sich noch im Krankenhaus, manche ein paar Jahre später, das leibliche Kind wieder zu sich zu nehmen. Auch wenn es sich scheinbar um einen einfachen Ausweg handelte, mussten die Mütter vom Personal mit Beschimpfungen und Erniedrigungen erdulden. Nach der Geburt mussten sie ihr eigenes und andere Kinder stillen. Nach der Geburt und Erstversorgung, wohnten die Mütter in einem Haushalt und dienten als Magd. Zu bestimmten Zeiten mussten sie ins Findelhaus, um die Kinder zu stillen. Die Kinder wurden wie folgt eingeteilt:

  • Brustkinder waren die eigenen Kinder der ausgewählten Ammen, die von ihren Müttern drei bis vier Monate lang gestillt wurden.
  • Beileg- oder Nebenkinder wurden einer Amme an die Brust gelegt. Sie kamen nach einer Nacht oder wenigen Tagen in Aussenpflege, schwächliche Kinder konnten auch länger bleiben.
  • Nachtkinder blieben nur wenige Stunden, oft nicht einmal eine Nacht, ehe sie einer Pflegemutter übergeben wurden. Zu dieser Gruppe gehörte die Mehrheit der Findelkinder.
  • Wasserkinder bezeichnete jene Kinder, die ansteckende Krankheiten, insbesondere Syphilis, hatten und wegen der Ansteckungsgefahr nicht von den Ammen gestillt werden durften. Sie legte man in die Wasserstuben, wo sie meistens nicht an ihren Krankheiten, sondern an der mit Wasser verdünnten Kuhmilch starben.
  • Als eingezahlte Kinder wurden Kinder bezeichnet, deren Mütter für die eigene Anonymität bezahlt hatten und so auch nicht als Ammen dienen mussten, ausserdem musste auch für Kinder, die nicht im Gebärhaus zur Welt gekommen sind, eine Taxe bezahlt werden. Eingezahlte Kinder waren daher zugleich auch Beileg-, Nacht- oder Wasserkinder.
  • Täuschlinge waren keine Neugeborenen, sondern ältere Findelkinder, die von ihren Pflegeeltern zurückgebracht und für einige Tage im Findelhaus versorgt wurden. Anschließend kamen sie auf neue Pflegeplätze, es sei denn, sie hatten das Entlassungsalter erreicht. Nach Zahlen der 1850er- und 1860er-Jahre wurden jährlich durchschnittlich 860 Kinder von ihren Pflegeeltern zurückgebracht, wobei die Hälfte davon noch kein Jahr alt war.
    • Anfang der 1880er-Jahre entschlossen sich einige Kronländer, ihre Kinder zurückzunehmen, woraufhin hunderte Kinder von ihren Pflegestellen zurückgeholt und bis zur Weiterfahrt mit einem Sammeltransport im Findelhaus untergebracht wurden. Für Täuschlinge standen drei kleine Zimmer zur Verfügung, die mit Matratzen ausgelegt waren.
  • Zeitweilige Kinder waren keine Findelkinder. Da in Wien keine andere Einrichtung existierte, an die Kinder im Fall von Krankheit, Tod oder Haft der Mutter übergeben werden konnten, wurde das Findelhaus in solchen Fällen auch zweckwidrig genutzt. Für diese, stets zeitlich befristeten Aufnahmen, mussten die Mütter nicht ledig sein. Anfangs kam es nur vereinzelt zu Aufnahmen zeitweiliger Kinder, um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert machten die zeitweiligen Kinder aber schon mehr als zehn Prozent der Gesamtzahl aus. Dies lag daran, dass heimatrechtlich nicht nach Niederösterreich zuständige Mütter in dieser Möglichkeit einen Weg fanden, ihre Kinder trotzdem im Findelhaus unterzubringen. 

 

Ein sehr ausführlicher Bericht in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Gebär-_und_Findelhaus (Stand: 03.04.2020)

Aufzeichnungen der Findelkinder sind in den Matrikeln vom Alservorstadtkrankenhaus (ab 1823) zu finden.